Bürgerinfo - Stadt Schmalkalden
Der Bürgermeister begrüßt Herrn Marcus Schumann vom Planungsbüro SVU Dresden, das den Lärmaktionsplan Schmalkalden im Auftrag des Bauamtes erstellt hat.
Gesetzliche Grundlage ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie. Gesundheitsschädliche Auswirkungen durch Umgebungslärm gilt es, zu verhindern, dem vorzubeugen oder zu mindern. Grundlage ist die Lärmkartierung, die alle 5 Jahre deutschlandweit durchgeführt wird. Erfasst werden Straßen mit über 3 Mio. Fahrzeugen pro Jahr, was etwa 8.000 Fahrzeugen in 24 Stunden entspricht. In der Lärmkartierung sind das die schmalen Bereiche, da die Bebauung wie ein Trichter wirkt und es dort somit am lautesten ist. Lärm ab einem Wert von 55 dB(A) nachts gilt als gesundheitsgefährdend und es besteht Handlungsbedarf. Ursächlich sind hohes Verkehrsaufkommen (deutlich über 8.000 Fahrzeuge in 24 Stunden), geringer Abstand der Straße zur Wohnbebauung, unstete Fahrweise oder unebene Fahrbahnoberflächen. In Schmalkalden sind mit einem Wert von etwa 60 dB(A) nachts die Bereiche Hinter der Stadt und Bahnhofstraße Lärmschwerpunkte.
Die Bürger wurden in Form eines Fragebogens beteiligt, wobei der Rücklauf mit 19 Teilnehmenden gering war. Mehrfach wurde der Wunsch nach Fahrbahnoberflächensanierung zur Lärmminimierung geäußert.
Weiteres Thema, jedoch nicht rechtlich bindend, ist die Festlegung von ruhigen Gebieten – um Schmalkalden herum, aber auch innerstädtisch. Diese gilt es, zu erhalten und zu fördern.
Zielstellungen des Lärmaktionsplans sind: - gänzliche Vermeidung von hohen Lärmpegeln (über 55 dB(A) nachts bzw. über 65 dB(A) ganztags) - akuter Handlungsbedarf zur Senkung der höchsten Lärmpegel (über 60 dB(A) nachts bzw. 70 dB(A) ganztags) - größtmögliche Reduzierung der erheblichen Lärmbelästigungen (über 45 dB(A) nachts bzw. 55 dB(A) ganztags).
Möglichkeiten zur Umsetzung / Lärmreduzierung sind: - Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, z.B. innerorts von 50 auf 30 km/h oder außerhalb von 100 auf 70 km/h - Erhaltung und Förderung von ruhigen Gebieten und innerstädtischen Ruhe-Inseln - konsequente Berücksichtigung von Lärmminderung im Rahmen der Stadt-/Verkehrsentwicklungsplanung. Dabei wird ein integrierter Ansatz (Maßnahmen-Bündel) für die Zukunft empfohlen, das heißt, Lärm an der Entstehungsquelle zu reduzieren (moderne Fahrzeugtechnik / leisere Fahrzeugmodelle) sowie nach Entstehen durch - Fahrbahnoberflächenoptimierung (lärmoptimierter Asphalt) - Verstetigung bzw. Verlangsamung des Verkehrs - Förderung des Umweltverbundes, z.B. durch Lenkung von Innenentwicklung und Siedlungsstrukturen im Sinne kurzer Wege oder durch Steuerung des ruhenden Verkehrs.
Als Sofortmaßnahme sind Geschwindigkeitsreduzierungen / Prüfen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in den Lärmschwerpunktbereichen am effektivsten. So wird für Bahnhofstraße und Stiller Tor die Begrenzung auf ganztags 30 km/h empfohlen, sowie für die Kasseler Straße teilweise auf 30 km/h nachts. Auch in Mittelstille sollte stellenweise das Tempo 30 km/h abgewogen werden. Für die Ortsumfahrung stadtauswärts wird die Reduzierung auf 70 km/h empfohlen.
Gesamtstädtische Maßnahmen wären beispielsweise: - Geschwindigkeitsüberwachung in lärmsensiblen Bereichen - Straßenraumgestaltung und -begrünung, Knotenpunktgestaltung - Fahrbahnoberflächensanierung mit lärmoptimiertem Asphalt - Förderung des Umweltverbundes:
Hinsichtlich einer Wirkungseinschätzung wurde errechnet, dass mit den Geschwindigkeitsreduzierungen der Lärm für etwa 80 % der Einwohner um eine Lärmpegelklasse reduziert werden könnte.
Herr Liebaug dankt Herrn Schumann für seine Ausführungen und der Verwaltung für die unterstützenden Arbeiten vorab. Er bemängelt, dass aufgrund des Zeitverzugs seitens des Landes Thüringen keine Vorberatung erfolgen konnte – weder in Ausschüssen noch in den Ortsteilräten. Weiterhin spricht Herr Liebaug an, dass die EU-Richtlinie uns als Kommune zur Erstellung eines Lärmaktionsplanes verpflichtet, dessen Umsetzung aber nicht in unserer Hand liegt. Z.B. trifft die Untere Straßenverkehrsbehörde die straßenverkehrsrechtliche Anordnung zur Reduzierung auf 30 km/h; über die baulichen Maßnahmen befindet der Straßenbaulastträger – in unseren Schwerpunktbereichen ist das größtenteils der Freistaat Thüringen. Dennoch beinhaltet der Beschlussvorschlag die Formulierung einer Selbstbindungswirkung für die Stadt Schmalkalden. Daher erachtet Herr Liebaug es für wichtig, vor Beschlussfassung zunächst den Bauausschuss sowie die betroffenen Ortsteile (z.B. Mittelstille) einzubinden, um aus dem Lärmaktionsplan resultierende mögliche Maßnahmen zu beraten. Herr Liebaug möchte deshalb für seine Fraktion beantragen, den Lärmaktionsplan in den Bauausschuss zurückzuverweisen. Darüber hinaus stellt er fest, dass der Ortsteil Springstille nicht im Lärmaktionsplan enthalten ist. Der Bauamtsleiter, Herr Hilpert, erläutert, dass die zu untersuchenden Gebiete für den Lärmaktionsplan vom Land vorgegeben wurden. Springstille ist nicht enthalten gewesen – trotz dem Springstille zu dem Zeitpunkt schon eingegliedert war. Außerdem sind die Empfehlungen/Vorschläge aus dem Lärmaktionsplan tatsächlich nur als Vorschläge zu betrachten, die wir dann den entsprechenden Behörden zur Umsetzung anraten können. Ebenso können Bürger, Ausschüsse und Ortsteilräte auch im Nachgang der Beschlussfassung konkrete Maßnahmen zur Umsetzung empfehlen, da der Lärmaktionsplan allen zur Verfügung steht. Von einer Rückverweisung bittet Herr Hilpert abzusehen, weil die Frist zur Abgabe beim Land Thüringen in der nächsten Woche abläuft.
Herr Simon merkt an, dass der Lärmaktionsplan eine hilfreiche „Wegbeschreibung“ für die künftige Planung von Baumaßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs ist. Er begrüßt die Empfehlungen bezüglich Radverkehr und hofft, dass die entsprechenden Radverkehrskonzepte zeitnah geplant werden. Der Vorschlag, in der alten Bahnhofstraße die Einbahnstraße für Radfahrer aufzuheben, macht deutlich, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, mit relativ einfachen Maßnahmen eine gute Wirkung in Richtung Lärmaktionsplan zu erzielen.
Herr Liebaug führt aus, dass die Erstellung der Lärmkartierung durch das Land mit einem Zeitverzug von 7 Jahren erfolgt ist und wir uns somit nicht zu einem übereilten Beschluss des Lärmaktionsplans drängen lassen sollten, zumal sich jeder Bürger auf den beschlossenen Lärmaktionsplan berufen und Maßnahmen einfordern kann.
Der Bürgermeister erläutert, dass wir als Stadt die Pflicht haben, die Gesundheit der entlang der Straßen wohnenden Bürger im Blick zu behalten. Insofern ist es verständlich, dass EU und Land nun in engem Zeitrahmen darauf hinwirken, dass Lärmbeeinträchtigungen ein gesundheitsgefährdendes Maß nicht überschreiten. Auch ohne die Vorgaben vom Land hätten wir das Thema Lärmminderung schon angehen können. In Teilbereichen haben wir dies auch versucht. Beispielsweise waren die Fußgängerquerung am Stiller Tor oder die Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h bei der Ortsumgehung bereits Thema – was nun im Lärmaktionsplan vorgeschlagen wird. Herr Kaminski wirbt ebenfalls um heutige Beschlussfassung des Lärmaktionsplanes, da er mehr Potential als Probleme darin sieht. Beispielsweise ist der Lärmaktionsplan inhaltlich vorteilhaft für uns in der Argumentation gegenüber der Unteren Straßenverkehrsbehörde, da Maßnahmen festgehalten sind, bei denen uns bisher nicht entsprochen wurde. Einzelne Maßnahmen sollen in jedem Fall anschließend proaktiv diskutiert und konkretisiert werden.
Herr Dr. Svoboda findet ebenfalls die Zuständigkeiten für die Erstellung der Lärmkartierung (Land), die Erstellung des Lärmaktionsplans (Stadt) und die Umsetzung des Lärmaktionsplanes (Land) widersprüchlich. Er befürwortet die anschließende Beratung im Bauausschuss, um konkrete Maßnahmen zu diskutieren – auch solche, die wir auf unseren eigenen Flächen umsetzen können, z.B. die Begrünung von Straßenrändern zur Schalldämpfung.
Herr Gellert äußert, dass er für den Ortsteil Mittelstille den Lärmaktionsplan nicht nur bezüglich Lärmminderung gerne vorab im Ortsteilrat beraten hätte, sondern auch hinsichtlich der Erhaltung und Förderung der ruhigen Gebiete.
Der Bürgermeister bittet darum, dass der Lärmaktionsplan nach Beschlussfassung in den Ortsteilräten diskutiert und eine Priorisierung der Maßnahmen für den Ortsteil festgelegt wird. Bezüglich des fehlenden Ortsteils Springstille wird sich noch verständigt. Nach den Ortsteilen sollte dann der Bauausschuss über die Maßnahmen beraten und entscheiden, was in welchem zeitlichen Rahmen umgesetzt werden kann.
Herr Marco Reich bemängelt das Fehlen des Ortsteils Springstille. Dadurch sei der Lärmaktionsplan nicht vollständig, und er kann dem so nicht zustimmen. Herr Schumann von SVU Dresden merkt an, dass Springstille bei den Vorgaben vom Land zwar nicht enthalten ist und somit bis zur nächsten Kartierung in 5 Jahren fehlt, jedoch einige Punkte aus dem Lärmaktionsplan auch für Springstille anwendbar sind (z.B. analog Ortseingangsbereich Mittelstille). Herr Hilpert schlägt vor, das Büro SVU Dresden zu beauftragen, die fehlenden Ortsteile in den Lärmaktionsplan aufzunehmen, unabhängig von der fehlenden Lärmkartierung für diese Ortsteile. Zu ergänzen wären Springstille und Asbach.
Herr Hauck fragt an, ob die Messungen für die Lärmkartierung auch die „Verkehrssünder“ beinhalten, da durch zu schnelles Fahren der Lärmpegel höher ist. Herr Schumann erklärt, dass der Lärm aufgrund berechneter Werte und gemäß Geschwindigkeitsanordnung, also ohne „Verkehrssünder“, kartiert wurde. Die tatsächliche Lärmbelastung ist demnach höher.
Auf Anfrage von Herrn Sauerbrey wird mitgeteilt, dass Motorräder und Lkw’s im Verkehrsaufkommen enthalten sind.
Herr Schliewenz fasst zusammen, dass der Lärmaktionsplan ein Vorschlag ist und als Arbeitsgrundlage dient.
Frau Dr. Blaschke ergänzt, dass der Lärmaktionsplan allgemein gehalten ist und daher jetzt nicht alle Details ausdiskutiert werden können, sondern dies im Nachgang zum Beschluss des Lärmaktionsplans erfolgen muss. Das Ziel der Erhaltung von Gesundheit und Wohnqualität für die Bürger ist jedoch unstrittig.
Frau Schellenberg lässt nun zunächst über den von Herrn Liebaug gestellten Antrag für die Fraktion CDU/FDP abstimmen, den Lärmaktionsplan zunächst an den Bauausschuss sowie an die betroffenen Ortsteilräte zurückzuverweisen:
Damit ist der Antrag abgelehnt.
Vom Stadtrat wird sodann mehrheitlich folgender Beschluss gefasst:
Beschluss Nr. 069/21S
Der Stadtrat beschließt:
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