Bürgerinfo - Stadt Schmalkalden

Auszug - Einwohnerfragestunde  

 
 
Sitzung des Stadtrates der Stadt Schmalkalden
TOP: Ö 4
Gremium: Stadtrat
Datum: Mo, 09.12.2024 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:58 - 21:33
Raum: Rathaussaal
Ort:

 

Frau Kühn erläutert zunächst das Prozedere einer Einwohnerfragestunde.

 

-          Eckhardt Simon aus Schmalkalden meldet sich mit zwei Fragen zu Wort:

Betreffend den B-Plan „Allendestraße“ der heutigen Tagesordnung möchte er wissen, ob der Anschluss des Bauprojekts an das Fernwärmenetz geplant ist.
Der Bauamtsleiter legt dar, dass die Wärmeversorgung im B-Plan-Verfahren noch keine Rolle spielt, lediglich die Ver-/Entsorgung von Wasser/Abwasser, Strom, Müll. Zudem gibt es im B-Plan-Bereich keinen Anschluss- und Nutzungszwang für Fernwärme (ist dort nicht verlegt). Eine Möglichkeit zur Fernwärmeanbindung müsste im Rahmen der Baugenehmigung mit dem Bauherrn geklärt werden. Der Bürgermeister ergänzt, dass Investoren im Falle einer Möglichkeit zur Fernwärmeanbindung diese erfahrungsgemäß gerne nutzen.

Zur PV-Anlage am Sandacker interessiert Herrn Simon die Beteiligungsmöglichkeit für die Bürger.

Herr Kaminski führt aus, dass es sich hier um ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Projektentwickler, dem Grundstückseigentümer sowie der Stadt Schmalkalden handelt, an dem jeder zu einem Drittel beteiligt ist. Wer das städtische Drittel übernimmt (Stadt selbst oder z.B. die Stadtwerke), ist noch nicht abschließend entschieden. Jedoch soll aus dem städtischen Drittel 50 Bürgern eine Beteiligungsmöglichkeit eingeräumt werden – zunächst ausschließlich Immobilieneigentümern aus der Innenstadt, die sich im Gegenzug vertraglich zum Verzicht auf PV im Innenstadtbereich verpflichten. Hintergrund – und Auslöser dieses Sondergebietes PV – war der Schutz der Dachlandschaft der historischen Altstadt (Thema Brandbekämpfung). Sollten weniger als 50 Innenstadteigentümer davon Gebrauch machen, würde die Beteiligungsmöglichkeit für andere Interessenten geöffnet. Die Anzahl von 50 Bürgern wurde rechnerisch ermittelt, da bei einer GmbH das Einbringen eines finanziellen Anteils Voraussetzung ist. Bei einem Genossenschaftsmodell wäre die Sachlage eventuell anders. Das genaue Prozedere wird deshalb in den nächsten Monaten festgelegt und mitgeteilt.

 

-          Ralph Eckhardt aus Weidebrunn ist der Meinung, dass das Grundsteuergesetz derzeit verfassungswidrig ist. Die Bundesregierung hatte seit 2018 Zeit, es verfassungskonform zu korrigieren, was bisher nicht erfolgte. Daher fragt er, auf welcher Grundlage die Stadt Schmalkalden die Grundsteuer von den Bürgern einziehen möchte. Außerdem interessiert ihn, wie die Stadt die Einnahmeausfälle kompensiert, wenn zahlreiche Bürger aufgrund der Verfassungswidrigkeit ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen.

Der Bürgermeister weist auf die Rechtsstaatlichkeit hin, weshalb sich die Stadt Schmalkalden an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts halten muss. Mit den Ergebnissen des aktuellen Verfahrens ist er jedoch ebenfalls nur bedingt zufrieden, da sich der entstehende Unmut nicht in Richtung der Bundesregierung oder des Bundesverfassungsgerichts, sondern gegenüber den Stadträten einschließlich Bürgermeister oder auch der Stadtverwaltung entlädt. Für Gesetzgebungsverfahren gibt es ein einzuhaltendes Prozedere. Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist das geltende Gesetz einzuhalten.
Die Grundsteuer wurde aufgrund der Ungleichbehandlung privater Grundstückseigentümer reformiert – was im Ergebnis zwar finanziell schmerzhaft, aber rechtlich nachvollziehbar ist. Darüber hinaus führt die Zweiteilung in Privat- und Gewerbegrundstücke wegen unterschiedlicher Bewertungsverfahren zu Unwuchten. Den Kommunen wird lediglich die Wertfestsetzung mitgeteilt, auf deren Basis die Grundsteuerberechnung erfolgt. Eine Verfassungswidrigkeit kann die Stadt, auch bei der heutigen Entscheidung unter TOP 6, nicht zugrunde legen.

 

-          Dirk Zickler, wohnhaft im Herrentälchen, fragt vor dem Hintergrund, dass das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Verfassungswidrigkeit des neuen Grundsteuergesetzes feststellte, auf welcher konkreten Rechtsgrundlage die Stadt Schmalkalden die Grundsteuer beschließen möchte und ob es keine andere Möglichkeit zur finanziellen Kompensation gibt.

Herr Kaminski führt aus, dass die Stadt, solange das Bundesverfassungsgericht – nicht das Finanzgericht eines anderen Bundeslandes – keine gegenteilige Feststellung getroffen hat, das geltende Recht umzusetzen hat. Jeder Bürger hat die Gelegenheit, seinen Bescheid einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen – in Gänze, das heißt, bis hin zum Bundesverfassungsgericht.

Wer den städtischen Haushalt kennt, so der Bürgermeister weiter, weiß, dass die Grundsteuer ein festes, gut planbares Fundament ist. Ohne die Grundsteuereinnahmen fehlen ca. 2 Mio. €, sodass der Haushalt nicht mehr ausgeglichen wäre, was wiederum die Rechtsaufsicht beanstanden würde. Ein von der Rechtsaufsicht eingesetzter Verwalter, der sich für die Einnahmequelle „Grundsteuer“ einsetzt, kann nicht im Interesse der Stadt und ihrer Bürger sein, da sie die eigene Handlungsfähigkeit verliert. Daher appelliert der Bürgermeister an ein rechtskonformes Verhalten. Die Möglichkeit, gegen den städtischen Grundsteuerbescheid vorzugehen, gibt es, was jedoch nicht von der Zahlungspflicht entbindet, sodass die Grundsteuern zunächst trotzdem eingezogen werden und letztendlich erstattet würden.

Herr Danz fasst zusammen, dass die Verwaltung rechtskonform handeln muss und sich ansonsten strafbar macht.

Herr Zickler ist der Meinung, dass Deutschland kein Einnahme-Problem hat, sodass ihm ein Ansatz, die städtischen Finanzen anders zu sortieren, fehlt.
Herr Kaminski wiederholt diesbezüglich die Zusammenfassung von Herrn Danz, dass die Stadt zum rechtskonformen Handeln gezwungen ist. Dazu gehört die Erhebung und der Einzug von Steuern. Die Themen, aus denen sich finanzielle Spielräume ergeben, sind in anderen Bereichen angesiedelt.

 

-          Mario Arndt aus Fambach, jedoch Grundstückseigentümer in Schmalkalden, möchte wissen, ob vorläufig auf die Erhebung der Grundsteuer verzichtet werden kann.

Der Bürgermeister antwortet, dass bei unverändertem Hebesatz (389 %) mehr als 500.000 € weniger eingenommen würden, die anderweitig auszugleichen wären. Ein Verzicht auf die Grundsteuererhebung ist unmöglich. Ein vorläufiges Aussetzen ist wirtschaftlich nicht möglich, da dies zu Liquiditätsproblemen führen würde. Der Stadtrat wird sich jedoch im 1. Halbjahr nochmals mit dem Thema Grundsteuern beschäftigen – zum einen bezüglich der tatsächlichen Auswirkung auf den Haushalt, zum andern, um möglicherweise die bestehende Unwucht zwischen Privat- und Gewerbegrundstücken auszugleichen. Die Stadt versucht, das Thema so moderat wie möglich anzugehen.

Herr Arndt ist der Auffassung, dass der Verzicht auf die Grundsteuererhebung rechtlich möglich ist. Der Bürgermeister entgegnet, dass im Haushalt dann 2 Mio. € fehlen würden. Grundsätzlich sollen sich Kommunen über Steuereinnahmen selbst finanzieren. Da dies meist nicht umsetzbar ist, zahlt der Freistaat Schlüsselzuweisung. Daraus erhält die Stadt Schmalkalden mehr als 7 Mio. €. Die ohne Grundsteuereinnahme fehlenden 2 Mio. € würden nicht ausgeglichen, was zu den beschriebenen Folgeproblemen führt (Liquidität, Rechtsaufsicht setzt Verwalter ein, etc.).

 

-          Dirk Zickler interessiert, welches wirtschaftliche Risiko die Stadt Schmalkalden mit der PV-Anlage am Sandacker eingeht. Seiner Meinung nach steht aus technischen Gründen die Wirtschaftlichkeit einer solchen PV-Anlage in Frage.

Herr Kaminski führt aus, dass die Rückbaukosten usw. vertraglich geregelt sind, wonach diese zu 100 % der Anlagenbetreiber übernimmt. Zur Wirtschaftlichkeit liegen Betrachtungen von vor einem halben Jahr vor. Demnach ist, neben einer Einspeisung, eine Direktversorgung alternativ möglich. Im Dezember 2024 läuft – wahrscheinlich letztmalig – das Ausschreibungsverfahren bezüglich der Einspeisung. Wird der Zuschlag erteilt, gibt es eine entsprechende Beteiligung. Bei unübersichtlicher Risikolage würde die PV-Anlage nicht gebaut. Mit der Beschlussfassung des B-Plans wird zunächst der rechtliche Rahmen (Baurecht) geschaffen. Die abschließende wirtschaftliche Betrachtung ist noch nicht erfolgt, weshalb die Stadt zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keinen Beteiligungsvertrag abgeschlossen hat. Ein Beteiligungsangebot des Projektentwicklers liegt aber vor.